Wer kennt sie nicht die ängstlichen, die unruhigen, die ungeschickten, die emotional instabilen, die unkonzentrierten, die konzentrationsschwachen Kinder?
Oft habe ich geschimpft…schon in der Krippe. Immer wieder hatte ich Kinder, die am Tisch saßen und sich mit den Knien daran abstützen. Sie erinnerten mich an pubertäre Jugendliche. Scheinbar lässig saßen sie, schon fast flegelhaft, am Tisch herum. Immer wieder erwischte ich mich dabei, wie ich die Kinder maßregelte doch ihre Füße auf den Boden zu stellen. Doch dann fielen sie vom Stuhl. Es war zum Haare raufen.
Wo lag also das Problem?
Ich wollte Ursachenforschung betreiben. Unsere Kita-Leitung lud eine Entwicklungs- und Lerntherapeutin ( Paepki ) zu uns in die Einrichtung ein und wir machten bei ihr einen Einführungskurs in die Konzeption der Entwicklungs- und Lerntherapie.
Es ging um das Zentralnervensystem und die neuromotorischen Aufrichtungsprozesse. Die Entwicklung der Blickmotorik und die Ursachenklärung von Defiziten der Fein- und Grobmotorik, der Sprachentwicklung, der sensorischen Integration und der Konzentration.
Es beinhaltete also weit mehr als Kinder die von Stühlen fallen. Es ging um Hirnforschung. Synapsen die sich mit Muskeln verbinden.
– Jedes Kind durchläuft von sich aus in seinem ersten Lebensjahr, ein bestimmtes Bewegungsprogramm: die neuromotorische Aufrichtung. Dabei spielt die Bewegungsentwicklung, unterstützt durch die frühkindlichen Reaktionen, nicht nur eine entscheidende Rolle bei dem Aufbau der Muskulatur, sondern auch bei der Reifung des zentralen Nervensystems, der Sinneswahrnehmung, der Gleichgewichtsentwicklung, der Koordination und somit auch der körperlichen und geistigen Entwicklung des Kindes.
Bewegung ist der Motor der Gehirnreifung und zugleich ihr Ergebnis. Je koordinierter und komplexer die Bewegung, desto ausgereifter das Gehirn und umso erfolgreicher die motorische und geistige Entwicklung.
– ( aus einem Auszug von Inka Krüger, E.- und L. Therapeutin )
Die Entwicklung eines Kindes läuft also jedes Mal gleich. Wenn nichts dazwischen kommt… und bei den aller meisten Kindern kommt etwas dazwischen. Neuromotorisch richtig und damit meine ich, nach Bilderbuch aufgerichtet, sind nämlich nur die allerwenigsten Kinder.
Hypotoner Muskeltonus als Ursache
Im Falle meiner „Vom-Stuhl-Fall-Kinder“ kann eine Muskelhypotonie der Grund sein. Kinder mit einem schlappen Muskeltonus müssen sich immer abstützen, sei es mit einem Knie am Tisch oder mit der Hand den Kopf, dem Zwischenfersensitz während des Morgenkreises oder das Malen liegend auf dem Tisch. Sie stolpern oft und fallen hin. Sie ermüden schnell, haben wenig Ausdauer und zeigen sich in Grob- und Feinmotorik ungeschickt. Sprachschwierigkeiten gibt es dann, wenn die Mundmuskulatur zu schwach ist, um gewisse Laute zu bilden.
Nach A. Jean Ayres haben Kinder mit Störungen der sensorischen Integration, oft einen niedrigen Muskeltonus. Das Gehirn verarbeitet die Gefühle von Körper und Schwerkraft nicht richtig. Diese Kinder müssen viel Energie aufbringen, um sich aufrecht zu halten.
Auf der Internetseite paepki.de, könnt ihr viel Wissenswertes über das Thema der neuromotorischen Aufrichtung lesen und Therapeuten vor Ort finden.
– Im Mittelpunkt der Förderung steht das nachträgliche Trainieren des Aufrichtungsprozesses in Form von gymnastischen Bodenübungen, welches unter elterlicher Aufsicht zu Hause stattfindet. Die aktive Mitarbeit der Eltern ist daher eine Grundvoraussetzung für den Therapieerfolg – ( paepki.de )
Kinder mit einer Muskelhypotonie können auch mit Behandlungstechniken z.B. nach z.B. Vojta und Bobath von Physiotherapeuten oder nach der sensorischer Integrationstherapie behandelt werden.
Dies ist ein Teil unserer Arbeit mit der wir täglich zu tun haben und die mich so fasziniert. Beobachten und Ursachenforschung. Man muss nicht alles wissen oder können, aber doch kann es für manche Kinder hilfreich sein, wenn wir die Zusammenhänge zwischen frühkindlichen Bewegungsabläufen und Lern- und Verhaltensauffälligkeiten kennen.
Übrigens: Einen Rat den wir von Frau Krüger bekommen haben war, ein Kind braucht unsere Hilfe, wenn es unglücklich ist. Ist es zufrieden, auch mit seinen Problemen, dann braucht es keine Therapie. Es wird seine eigenen Muster finden und damit gut leben können.
Mein Buchtipp dazu: Bausteine der kindlichen Entwicklung von A. Jean Ayres (*) (*) Affiliatelink. Durch den Kauf dieser Artikel erhält das Kita-Magazin eine geringe Verkaufsprovision, den Käufer kostet es nicht mehr. Vielen Dank das ihr unsere Arbeit unterstützt!
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